Heute war ein aufregender Tag. Heute kam Chico. Natürlich hatte ich mir den Wecker am Vortag extra früh gestellt, sodass er um halb sieben zu piepsen begann. Dabei sollte Chico doch erst am Nachmittag kommen. Völlig müde griff ich nach dem Wecker.
Das nächste war ein nasser Waschlappen mitten ins Gesicht, ein Stein auf meinem Arm und dann ein leises Winseln, dass mir klar machte, dass ich nicht von Waschlappen und Steinen angefallen wurde. Wuschel fand bloß, dass es Zeit zum Aufstehen war. Ich blickte auf den Wecker und teilte Wuschels Meinung: kurz vor elf und der arme Hund hatte noch keinen Spaziergang gehabt. Gut, dass er wenigstens den Garten unsicher machen konnte. Wuschel jedoch dachte nicht an Garten unsicher machen, sondern an Fressen. Erst als ich kurze Zeit später in die Küche schlich, fiel mir ein, dass er nur noch Reste von seinem gestrigen Futter gehabt hatte. „Armes Hündchen!“ murmelte ich und beeilte mich, seinen Napf zu füllen. Dann wechselte ich das Wasser und aß selbst ein wenig Müsli. Nun war ich wieder etwas aufgeregt wegen Chico. Er war zwar ein recht ruhiges Pferd, aber ein neuer Stall und eine neue Herde zum Behaupten, dass war ja auch nichts alltägliches! Um mich abzulenken und mich bei Wuschel fürs Verschlafen zu entschuldigen, plante ich einen Ausflug in den Wald. Ich stellte das Geschirr in den Geschirrspüler und zog meine leichte Jeansjacke an. „Komm, Wuschel!“ lockte ich den Hund und nahm die Leine. Sofort zog er seine Mundwinkel hoch, spitzte die Ohren und trabte zu mir. Ich hing die Leine ein, öffnete die Wohnungstür und ließ Wuschel den Vortritt. Dann überprüfte ich, ob ich alles mithatte, schloss ab und ging mit Wuschel die Straßen entlang, bis wir nur noch durch eine Vorgartensiedlung mussten. Hinter den letzten Häusern sah man bereits die Wipfel der Bäume. Wuschel wedelte begeistert mit seinem Schweif und bellte einem kleinen Terrier-Mix in einem der Garten zu. „Wirst du Still sein!“ fauchte ich, denn auf Streit mit alten Opas oder jungen Müttern hatte ich jetzt keine Lust. Wuschel schaute beleidigt und ich zog ihn schnell weiter. Wenige Meter nachdem wir in den Wald gelangten, befahl ich Wuschel „Sitz“ zu machen und knipste die Leine aus. Wuschel trabte den Weg entlang, immer, wenn er mich nur noch klein sah oder vor einer Kurve, blieb er stehen, streckte die Zunge raus und legte den Kopf schief: „Kommst du endlich?“. Auf einem angenehmen Waldboden joggte ich neben ihm, was bald zu einem Wettrennen wurde. Etwas später kamen wir auf eine Lichtung, und ich brach einen Zweig ab und wedelte damit in der Luft herum. Wuschel kläffte begeistert und sprang an mir hoch, bis ich den Stecken wegschleuderte. Wuschel rannte ihm nach und brachte ihn zurück. So spielten wir eine Weile, während Wuschel sich austobte schaute ich die Umgebung an. Hier könnte man glatt picknicken, besonders, wenn die Sonne so schön schien wie heute. Inzwischen hing meinem Hund die Zunge aus dem Hals und er hechelte wie verrückt. Ich setzte mich auf einen Baumstamm und streichelte ihn ein wenig. Da fiel mir plötzlich ein das Chico kam... ich hatte ganz die Zeit vergessen! Doch ein Blick auf die Uhr beruhigte mich: Wir wollten erst um 14.00 losfahren. Jetzt war es circa zwölf. Ich ging los und Wuschel folgte mir brav. Den Rückweg über dachte ich an Chico, den ich jetzt schon etwas länger nicht mehr gesehen hatte.
Daheim machte ich mir als erstes etwas zu Essen und gab auch Wuschel noch eine Portion. Dann musste er leider alleine bleiben. Stundenlange Autofahrten waren nicht so das seine und ich wollte Chico am ersten Tag noch Ruhe von dem Fellbündel gönnen. Knapp vor 14.00 kam ich am Reiterhof an. Sophie hatte bereits den Hänger ans Auto gehängt und ein wenig Sägespäne eingestreut, ich half ihr, schnell noch einen Heusack zu befüllen, damit Chico während der Fahrt beschäftigt war. Und dann fuhren wir auch schon los. Fast eine Stunde später kamen wir auf Chicos derzeitigem Hof an. Ich begrüßte den Hengst, der mir entgegenschaute. Dann nahm ich die Transportgamaschen und den Schweifschoner. Zuerst legte ich die Transportgamaschen an, fuhr in Fellrichtung an den Beinen hinunter und klettete sie dann zu. Chico hatte mir stets die Ohren zugedreht und bei den Vorderfüßen beugte er sich herunter und stupste mich an: „Was machst du denn da?“. Ich lachte und knuddelte ein wenig mit ihm, bevor ich auch den Schweifschoner anlegte. „Guter Junge!“ lobte ich ihn, als er still stand. Dann halfterte ich ihn auf und führte ihn aus der Box. Wir hatten es ja geübt, mit Transportgamaschen zu gehen. Zum Glück, trotzdem stelzte Chico herum wie ein Storch, weil ihm die hohen Gamaschen einfach unheimlich waren. „Ach komm, die beißen doch nicht!“ lachte ich ihn aus. Dann verabschiedeten wir uns von der Hofbesitzerin und ich führte Chico in den Hänger. Das klappte gut, denn Chico kannte es und außerdem... da wartete immerhin ein Sack voller Heu!
Während der Autofahrt war Chico ruhig, dauerte auch nicht so lange. Kaum stand Sophies Auto, begann der Hengst aber zu wiehern und zu schreien. Aus dem Stall kamen zwei oder drei Antworten. Auch beim Aussteigen war Chico sehr brav, allerdings scheute er ein wenig, als er eine Katze vorüber huschen saß. Typisch, dachte ich. So brachte ich Chico erstmal zu den anderen Hengsten auf die Koppel – etwas unschlüssig blieb Chico stehen. Einer der Hengste kam auf ihn zu und gleich begannen sie zu quietschen. Dann schlug Chico mit seinem Vorderfuß nach vorne, und der andere Hengst stieg. Chico stieg vorne unter und machte einen Schritt zur Seite, als Neuankömmling war er an rangniedrigster Stelle und er war nicht der Typ, der gleich Rangkämpfe anzettelte. So ging er jeglichen Streitereien aus dem Weg und legte auch den einen oder anderen Galopp quer über die Koppel hin. Abends half ich Sophie, die Pferde reinzulassen. Dabei war Chico extrem schreckhaft, aber das gab sich sicher noch. Jedenfalls war ich froh, dass er den ersten Tag ohne ernsthafte Biss- oder Trittwunden überlebt hatte. Die kleinen Wunden versorgte ich gleich mit Wundspray. Chico machte sich gleich über das Heu in seiner Box her, mit seinem Nachbar verstand er sich anscheinend ganz gut. Ich bat Sophie, abends nochmal nach ihm zu schauen, und sie versprach, mir dann eine SMS zu schicken. Ich musste ja mit Wuschel noch eine Abendrunde machen, leider. Mit einer langen Kuscheleinheit und einigen Karotten verabschiedete ich mich von Chico.
Daheim wartete Wuschel schon sehnsüchtig, er war nicht gerne alleine. Was fiel Frauchen ein, den ganzen Nachmittag wegzubleiben? Als ich mit der Leine klimperte, drehte er sich beleidigt weg. Aber ich kannte Wuschel schon und meinte laut: „Dann eben nicht!“ und hing die Leine zurück. Ich setzte mich vor den Fernseher und Wuschel starrte mich entgeistert an. Er kam zu mir und bellte mich zweimal kurz an, und ich stand wieder auf. Diesmal folgte er mir zur Leine und ich lobte ihn. Jetzt joggten wir nur eine kleine Runde, Wuschel durfte natürlich sein Geschäft verrichten. Daheim gab’s nochmal Futter für uns beide ^^ und dann schmiss ich mich mit Wuschel vor den Fernseher.
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